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表现与存在

  绘画艺术的任务是讲述人的故事,或者把作品本身当成话题来讲述吗?(译者注:原文有一定歧义,也可理解为:绘画艺术的任务是讲述他人或者画家自己的故事吗?)这很可能是个不恰当的问题,因为从很多角度来看,这一问题在西半球可以说已经越过了当前艺术批评的反思界限。断言“绘画已死”所引起的大论战早已经结束,过去50年的艺术发展史则已经显示甚至证明,绘画仍然没有死,而是能够不断地涅槃重生。

  二次世界大战之后,西方掀起一股抽象艺术的浪潮,这一浪潮不仅席卷了欧洲,也因为大量流亡到美国的艺术家而席卷了美国。在这一大潮中,中国的艺术家也占领了一个特殊地位。上世纪五十年代初,一些中国艺术家来到当时的当代艺术大都会巴黎,在那里形成了将亚洲式表达与欧洲抽象主义相结合的艺术风格。赵无极便是其中最具有代表性的画家。这使得哲学理念与禅学理想风靡一时,影响了当时的艺术讨论和艺术风格。

  虽然这只是一个短短的历史时期,但它却带来了全新的精神上的相互重叠激荡和对精神与心灵力量的重新发掘,并汇集成几种个性鲜明的笔触、线条和张力之场,它们就像一条假想的主线,融会贯通了抽象表现主义纽约学派的艺术家(例如弗朗兹·克莱因Franz Kline、威廉·德·库宁Willem De Kooning、罗伯特·马瑟韦尔Robert Motherwell等),法国抽象表现派艺术家(如让·福特里埃Jean Fautrier、让·巴扎恩Jean Bazeine、让–保罗·利奥佩尔Jean-Paul Riopelle和汉斯·哈同Hans Hartung等),德国流派的“非形象艺术家”(桑德堡K.R.H.Sonderborg、 格哈德·荷莫Gerhard Hoehme和埃米尔·舒马赫Emil Schumacher等)以及刚才提到的亚洲艺术家的创作。在经历了纳粹政权强制推行的所谓“宏大姿态”艺术,在摆脱了精神禁锢之后,西方的绘画艺术自六十年代起重新变得具象,但同时也变得更加大胆创新和敢于越界。巴塞利兹Baselitz、伊门多夫Immendorff、吕佩尔兹Lüpertz、基彭贝尔格Kippenberger、玻尔克Polke和博伊斯Beuys等德国艺术家都尝试通过绘画向社会提出挑战,试图唤醒人们,打破旧的面具和外表,为艺术树立新的标准。他们一度叱咤风云了三四十年。但是像他们这样的曾经的离经叛道者,以及像较近期的查普曼兄弟、莫瑞吉奥·卡特兰(Maurizio Cattelan)和英国女画家翠西·艾敏(Tracey Emin)等热衷挑战大众接受力底线的艺术家,如今都已经很难再起波澜。公众已经变得非常有耐心,非常宽容,从而也不再那么容易受到刺激。

  今天,艺术虽然不再挑衅社会,但是不管是抽象的还是具象的绘画,都必须要重新夺回自己的领地,必须接受新媒体带来的图像泛滥的挑战。新媒体左右了全世界的沟通交流,它擅长秒杀,而不是以其可信性见长。在虚拟世界里的各种沟通管道中,现实与非现实不再是对立的关系,而是早就熔融纠缠在一起。

  那么,对于以缓慢和持久为生命、能把时间凝固为永恒的绘画艺术,如今还能保留有什么样的空间和被赋予多少能量?

  当我们把目光投向中国的油画事业,就会不知不觉地从西方艺术角度去观察并且轻易得到这样一个印象,那就是油画在中国正方兴未艾,那里的人们带着极大的热情将绘画品质、形式构建和叙事元素交叉编织在一起。显而易见,这里有着一些有别于西方艺术的另外的衡量尺度,而西方绘画早就经历过的情形在很多方面又清晰可辨。这也导致了东西两个半球艺术之间的明显差别。这一现象并不难理解,因为我们知道,油画一方面在中国被赋予很高地位,另一方面在中国又没有很长的历史传统。在中国,除了那些在教课书上已经成为经典的大画家,直到不久前一直是西方的、特别是来自俄罗斯的样板作品在主宰对油画的理解。在中国,油画在过去相当长的一段时间里主要是被用于政治宣传的目的,这也正是当时的油画重视具象表现的原因。这种现象一直持续到敢于创新的新一代艺术家出现。这些新一代艺术家自上世纪八十年代末开始出名,为中国的艺术领域带来了新精神,其中的代表性人物如岳敏君、方力钧、刘小东、王广义等取得了了不起的成就,并为更年轻的一代中国画家立下了很高的标杆。这些画家以他们自己的方式,在东西方绘画传统之间进行了大胆的探索。

  对于2010年才北京中央美术学院油画系毕业的年轻女画家白蒂来说,她的艺术探索从一开始就着眼于另外的一些东西和主题。不难发现,白蒂主要是对人感兴趣,她所有作品都是以人为中心。不过,你却很难说她的作品突出表现的是人,她的画更多的是表现人与他周围环境的关系。在她的画中,晦暗与沉重的气氛表达出人与环境的特有的那种纠结关系。人物和环境互为条件成为一体,构成一幅超乎寻常的灵魂肖像画。白蒂在她的画中制造出一种关系,一种人、环境和光线组成的关系。甚至可以说,与其说是光线,不如说是黑暗,因为画面上的许多东西,都是从那些难以描述的混沌的棕色和黑色色块中逐渐彰显出来,直到发展成为一幅画。实际上也是,她的画无法让人有一个明确的解读,而是力图体现出一种独有的隐晦形式,将结构和维度都掩盖起来。白蒂用一种可以说是激烈的、肆意张扬的笔触反复涂抹出交织的颜色层次,并在这样构建出的色块面积中,让光线犹如在一只神秘的手操纵下,或微光闪烁,或光芒闪耀,从背景中脱颖而出。白蒂还惯于使用高亮躁动的色调来刺破混沌黯淡的图画空间。她似乎刻意把图画空间塑造得变化流动,好像她创作的一开始就是在混沌未开的暗物质中进行打凿,就像上帝造物的过程那样让光线逐渐产生,然后让这束光照亮神秘的空间和人物。这种作画方式在她的作品《回音》、《孤》或者《逝去的记忆》中体现的尤为明显。在这几幅画中,占据了画面大部分的是黑暗的纵深空间,它以独特的方式将场景中的元素例如床、少女和沙发等包裹在黑暗之中,让它们在前景中闪亮呈现出来。

  她的画面不带任何罗曼蒂克的魔力,而是都笼罩着一种深深的忧郁气氛。她的近期作品大都缺乏明亮的光线,她画的人物都孑然一人,看上去茫然沉浸在某种思绪中,显得心不在焉。她画笔下的人物都给人以怅然若失的感觉,一种在大千世界中孤独无助,前途渺茫的感觉。她的一幅画中,人物甚至完全消失了,取而代之的是暗示人物存在的替代性物件。例如作品《逝去的记忆》中,只能看见背景中悬挂的一幅画中有两个被包起来的人头,这样的安排似乎在暗示,只有画面下半部分的白沙发还能让人联想起曾经在上面坐过的、如今连面孔都已经模糊了的一对接吻的恋人。作品《未来》也是显然用一个服装道具模特代替了具体的人,在被醒目的闪闪金光照亮的画面空间中,这个人的形状显得与环境相疏离,看不出作者究竟想表现的是模特道具还是人物,也看不出缺少的人头是否就是图中左下角的那个黄色圆球。画面中如同焰火般的光线将一切都浸淫在灼目光彩之中,让这个人形有了一种亦幻亦真的感觉。人形的安然矗立的静态和充满动感的布光交相呼应,这一对应也体现在沉稳的构图布局与富有表现力的笔刷形态之间。画面造成的效果让人联想到过去大师们的作品,戏剧性的神秘用光也在艺术史上例如伦勃朗和特纳的作品中能找到类似的手法。但这不是白蒂在刻意模仿古典大师,而是一种经过冷静设计的空间、人物和色调的自觉突破,是一种充满当代性的问答。

  白蒂作品的暗示力量总是能让人赞叹,例如她同时创造出真实空间和想象空间的方式,以及她在作品中营造焦躁不定感的能力,在空间上制造出渊薮感和压迫感从而让观画者感到不安的能力,都让人称奇。与此同时,作品本身要讲的“故事”根本谈不上有多么惊艳,画面中的场景更多的是日常的甚至是平淡无奇的,例如《途》当中的火车车厢内部、《旧事》当中的摇摇欲坠的棚屋或者《炼》中的台阶。但是,不管画中的主题内容多么平常,画家白蒂总是能够透过空间、狭隘的建筑物,特别是画面的狭隘物理空间,表现人物生存状态受到的威胁,以此展示出她非凡叙事能力。她作品中的空间往往是那种让人产生幽闭恐怖症空间,其中充满张力,即便其中空无一物。空荡和狭隘是白蒂作品中的孪生兄妹,它们在积蓄着爆炸的能量,似乎在下一刻就会爆发。

  白蒂发展出一套自己的个性化绘画语言,从中可以看出作者本人以及她这一代年轻人的生活感受。在她的作品中,人,总是隐藏于其扮演的角色以及社会对角色的刻板期望之后,而不是被当作一个有个性的人。而人的孤独,却像是被放在解剖台上暴露无遗。仔细对比作品《角色》、《歌者》和《女肖像》,就会发现这些作品与展现个性的肖像画正好明显相反,表现的是人物的异化疏离状态。只有《女肖像》尚能让观者体验到一点亲近,白色罩衫让娇小的女主人公显得更加楚楚动人,纤细的手指也给人以可触摸感,但是整个画面仍故意给人以强烈的距离感。白蒂在作为画家的自己和她的作品观赏者之间构建了一堵假想的墙壁,距离就是通过这堵墙壁制造出来的。通过保持这一必要的距离,才能窥视她的作品中身处孤独和压迫感之中的人物的精神世界。正是因为如此,她才不动声色地、但同时又带有高度的敏感和凭借杰出的视觉表现力,来不断地讲述她这一代人的故事。绘画作为一种表现方式在她这里被体现得淋漓尽致,因为她充分利用了这一必不可少的自由,来探索生存的意义。

贝雅特·爱芬夏特 德国博物馆协会主席,科布伦茨路德维希美术馆馆长

翻译:王凤波 2016年7月16日,柏林

Expression und Sein

  Ist es die Aufgabe der Malerei von den Menschen oder von sich selbst zu erzählen? Die Frage erscheint wohlmöglich unangemessen, da sie in vielerlei Hinsicht in der westlichen Hemisphäre durchaus ihren aktuellen kritischen Reflexionshorizont überschritten hat. Die großen Schlachten nach dem Verdikt ,Die Malerei ist tot" sind längst geschlagen und die Geschichte der letzten 50 Jahre hat gezeigt, geradezu bewiesen, dass die Malerei längst nicht tot ist und dass sie vielmehr immer und immer wieder dabei ist, sich selbst zu erfinden.

  Nach dem 2. Weltkrieg gab es im Westen interessanterweise die große Welle der abstrakten Kunst, die sowohl Europa als auch Amerika (nicht zuletzt durch die zahlreichen, dort Exil suchenden Künstler) erfasst hatte. Eine Sonderstellung nahmen hier auch Künstler aus China ein, die Anfang der 1950er Jahre nach Paris – in die damalige Metropole für zeitgenössische Kunst – kamen und hier zu einer Mischung aus asiatischer Expressivität und europäischer Abstraktion fanden. Künstler wie Zao Wou-Ki sind geradezu stilprägend gewesen. Mit einem Mal waren auch philosophische Aspekte, Ideale des Zen – diskussionswürdig und Stilbeeinflussend.

  Es war nur eine kurze Epoche dieser neuen geistigen Verdichtung, dieser neuerlichen Besinnung auf die geistigen und spirituellen Kräfte, die sich in wenigen markanten Strichen, Linien und Kraftfeldern zusammenschlossen und diese wie mit einer imaginären Linie durch die großen Künstler die N.Y. School (u.a. mit Franz Kleine, Willem de Kooning, Robert Motherwell) des französischen Tachismus (Jean Fautrier, Bazaine, Riopelle, Hans Hartung), schließlich den deutschen Informel-Künstlern (Sonderborg, Hoehme, Schumacher) und eben jeden Asiaten zusammenschmolz, die alle auf der Suche nach freier Expression und Befreiung von vorgekauten Bildsystemen waren. Nach dem großen Gestus – ,la grande geste" -, dem notwendigen Befreiungsschlag von der geistigen Beschränkung, den das NS-Regime verordnet hatte, wurde die Kunst im Westen ab Anfang der 1960er Jahre wieder figurativer, zugleich auch unkonventioneller, grenzüberschreitend. Baselitz, Immendorff, Lüpertz, Kippenberger, Polke, Beuys; sie alle suchten durch ihre Malerei die Gesellschaft zu provozieren, wachzurütteln, die alte Masken und Fassaden niederzureißen und neue Maßstäbe für die Kunst zu setzen. Ein paar Jahrzehnte lang hat das funktioniert. Aber den Bürgerschreck von einst und wie ihn zuletzt die Chapman-Brüder, Maurizio Cattelan sowie die Britin Tracy Emin noch ausfüllten, gibt es kaum noch. Das Publikum ist weitaus geduldiger, toleranter und damit weniger provozierbar geworden.

  Heute bleibt die Provokation aus, allerdings muss auch die Malerei – egal ob abstrakt oder figurativ – sich wieder neu behaupten, sich durchsetzen gegen die Bilderflut der Neuen Medien mit ihrer weltweiten Kommunikation, die auf Sekundenschnelle mehr vertraut denn auf Glaubhaftigkeit. Die Welten von Realität und Irrealität sind ganz offenkundig keine Gegensätze mehr, da sie in allen Kanälen der virtuellen Welt längst das Eine mit dem Anderen verschmolzen haben.

  Wo bleibt da Raum und Energie für die Malerei – für ein Medium, dass von der Langsamkeit und Beharrlichkeit lebt und dass Zeit in Dauer zu amalgieren scheint?

  Blickt man auf die Ölmalerei in China, so gewinnt beschleicht einen mit einem von westlicher Kunst geprägten Blickwinkel oft der Eindruck, als würde diese hier erst noch zu ihrer vollen Blüte finden, denn mit großem Enthusiasmus werden malerische Qualität, Komposition und narrative Elemente miteinander verschränkt. Es sind andere Maßstäbe als die der westlichen Kunst, die hier sichtbar werden und die in vielerlei Hinsicht längst durchlebte Stationen der Malerei des Westens markieren. Das hat nicht zuletzt zu einer Diskrepanz zwischen den beiden Kunsthemisphären geführt. Erklärlich wird dies, wenn man weiß, dass die Ölmalerei einerseits eine hohe Wertschätzung in China erlebt, andererseits aber auch keine lange Tradition zurückblicken kann. Neben den großen Vorbildern, die auch in der Lehre den traditionsreichen Kanon bildeten, waren es bis vor wenigen Jahren hauptsächlich die westlichen, insbesondere aber die russischen Modelle, nach denen sich das Verständnis der Ölmalerei ausrichtete. Geradezu vordergründig erfüllte die Ölmalerei dabei auch lange Zeit propagandistische Zwecke, was zugleich ihre Fokussierung auf die Figuration bestimmte. Erst die jüngere Generation von Künstlern wagt neue Anläufe, angeführt von der Generation derer, die ab Ende der 1980er Jahre berühmt wurden und einen neuen Geist in der chinesischen Kunst sichtbar werden ließen: Maler wie Yue Minyun, Fang Lijun, Liu Xiaodong, Wang Wangyi u.a. haben hier großartiges geleistet und bereits große Fußstapfen für die Jüngeren hinterlassen hat. Sie initiierten auf ihre Weise eine spannende Auseinandersetzung von westlicher und östlicher Maltradition.

  Für die junge Bai Di, die an der Central Academy of Fine Arts (CAFA) in Beijing 2010 ihr Studium der Ölmalerei abgeschlossen hat, stehen von Anfang an andere Aspekte und Themen im Vordergrund ihrer künstlerischen Reflexion. Es ist unschwer zu erkennen, dass sie sich dem Menschen zuwendet, der in fast allen ihren Werken zum Mittelpunkt wird. Dieses jedoch, ohne das man behaupten könnte, dass er im Vordergrund stünde, sondern es ist vielmehr seine Beziehung zu dem ihn umgebenden Raum, der eine eigenwillige Verstrickung herleitet, die sich in einer oft düsteren zugleich wuchtvollen Gestimmtheit des Bildes ausdrückt. Mensch und Raum gehen hier eine sich gegenseitig bedingende Einheit ein, die ungewöhnlich ist und unabdingbar wie ein Seelenportrait zu lesen ist. Die Beziehung, die Bai Di in ihrer Malerei herstellt, ist die zwischen Raum, Mensch und Licht. Man könnte auch geneigt sein, statt Licht Dunkelheit zu sagen, denn vieles entwickelt sich zunächst aus einer scheinbar undefinierbaren vagen Braun-Schwarzen Masse heraus, aus der heraus das Bild sich entfaltet. In der Tat verwehren sich die Bilder einer allzu offenkundigen Lesart, sondern suchen vielmehr eine eigenwillige Form der Zurücknahme, des Verhüllens von Strukturen und Dimensionen. Mit einem ausgesprochen heftigen, gestisch nicht gerade zimperlichen Malduktus, verschränkt Bai Di ihre Malschichten, baut Farbflächen auf, in denen wie von geheimnisvoller Hand gelenkt, Licht schimmert, auflodert und mitunter leuchtend in den Vordergrund tritt. Bai Di entfaltet dabei ein glutvolles Flackern von Farbklängen, das immer wieder die sumpfige Dunkelheit ihrer Bildräume durchbricht. Dabei will es scheinen, als modelliere sie ihre Bildräume geradezu plastisch, als wühle sie anfangs in einer erdig dunklen Masse und lässt wie in einem Schöpfungsprozess allmählich Licht entstehen und erst dieses Licht eröffnet einen Blick auf geheimnisvolle Räume und Menschen. Deutlich wird dies an Bildfindungen wie ,Echo", ,Einsamkeit" oder ,Die verlorene Erinnerung", in denen der dunkle Tiefenraum dominiert, zugleich aber das Setting von Bett, Leuchten, Mädchen, Sofa etc. besonders eigenwillig umrahmt und leuchtend in den Vordergrund rückt.

  Nichts hat einen romantischen Zauber, vielmehr liegt häufig eine tiefe Melancholie über ihren Bildwelten. Das liegt an der Abwesenheit von strahlendem Licht in den aktuellen Gemälden, nicht zuletzt aber auch an ihren Gestalten, die allesamt einzeln erscheinen, dabei in Gedanken versunken und nicht gegenwärtig zu sein scheinen. Sie wirken wie auf sich selbst verworfen zu sein, allein in einer Welt, die ihnen keine Aussichten gewährt. Mitunter verschwinden sie sogar gänzlich in den Gemälden und statt ihrer tauchen Objekte auf, durch die sie gleichsam ersetzt werden, die nur als pars pro toto etwas von ihrer Existenz künden. Sichtbar wird dies zum Beispiel in den zwei verhüllten Köpfen, die scheinbar auf einem Gemälde im Hintergrund von ,Die verlorene Erinnerung" auftauchen – so, als würde das einstmals auf dem unterhalb des Bildes stehende Sofa noch die Assoziation an das sich küssende Liebespaar wachrufen dürfen, das einst hier saß, aber längst seine Gesichter verloren hat. Auch in ,Die Zukunft" ersetzt eine Kleiderpuppe offenkundig die eigentliche Person. Im ungewöhnlich goldenen Leuchten des gesamten Bildraumes bleibt die Figur indifferent, wird nicht ausdrücklich deutlich, ob Puppe oder Mensch gemeint sind und ob der fehlende Kopf sich in der heruntergefallenen gelben Kugel auf dem Boden spiegeln soll. Das flammend lodernde Licht des Bildraumes taucht alles in ein gleißendes Licht, lässt die Figur zu einer Erscheinung werden, die zwischen Gegenwärtigkeit und Vision zu changieren scheint. So treffen die Statik der Figur, deren Moment des stehenden Verharrens, und die dynamische Lichtregie kontrastreich aufeinander, was sich zugleich in der malerischen Faktur, im expressiven Gestus des Pinselstrichs, niederschlägt. Hier kulminiert dies in einem geradezu altmeisterlichen Empfinden, in der Dramatik des geheimnisvollen Lichts, wie es in der Kunstgeschichte zum Beispiel bei Rembrandt oder auch bei Turner zu finden ist. Aber es ist nicht die Eleganz der Altmeister, die Bai Di hier aufgreift, sondern eine kühne, selbstbewusste Durchdringung von Raum, Figur und Kolorit, die eine zeitgenössische Antwort sucht.

  Überhaupt wundert man sich immer wieder über Bai Di's suggestive Bildkraft, vor allem darüber, wie sie es schafft, reale und zugleich imaginäre Räume zu erfinden – wie sie ihrem Bildraum eine bebende Ungewissheit, ihnen Untiefen und bedrückende Enge zu vermitteln weiß, die den Bildbetrachter in Unruhe versetzt. Dabei ist die eigentliche ,story", die sie dazu erzählt, nicht einmal spektakulär, sondern vielfach sind ihre Bildszenen alltäglich oder geradezu banal, wie der Innenraum des Zuges in ,Die Strecke", die zerfallende Hütte in ,Alte Sachen" oder der Treppenaufgang in ,Schmelzen". Aber egal wie wenig aufregend das Sujet auch seien mag, für die Malerin Bai Di erweist sich ihre eigentliche narrative Kraft in deren Zusammenwirken im Raum, in der Enge der Architektur, in der vor allem aber psychischen Enge ihrer Bildräume, die den dargestellten Menschen ihre Existenz zu nehmen droht. Es sind klaustrophobische Räume, voller Spannung – selbst dann, wenn sie eigentlich vollkommen leer sind. Die Leere und die Enge sind Schwestern in der Malerei von Bai Di, die explosiv aufgeladen sind mit eruptiver Kraft, die kurz davor zu stehen scheint, sich gewaltsam zu entladen.

  Damit entwickelt sie eine eigene, sehr individuelle Bildsprache, die etwas von dem preiszugeben scheint, was dem eigenen Lebensgefühl und dem der jüngeren Generation zu entsprechen scheint. Dabei tritt der Mensch in ihren Werken immer wieder hinter den Rollen und deren Klischees zurück, bleibt individuell scheinbar nicht wahrnehmbar und wird doch in seiner Einsamkeit gleichsam wie auf dem Seziertisch offenbart. Vergleicht man ,Rolle", ,Sängerin" und ,Portrait einer Frau" aufmerksam miteinander, wird diese Diskrepanz zwischen Entfremdung und Entrücktheit im Gegensatz zu einem individuellen Portrait mehr als deutlich. Nur im Portrait der jungen Frau erlebt man Nähe, wird die zarte Gestalt durch das weiße Gewand noch gesteigert und die feingliedrigen Hände erscheinen besonders nah, aber dennoch bleibt eine bewusste Distanz vorherrschend. Es sind diese imaginären Wände, die Bai Di zwischen dem malenden Ich und dem Betrachter ihrer Bildwerke aufbaut, die diese Ferne aufziehen. Diese Distanz ist notwendig, um die ganz psychische Verfasstheit ihrer Menschen in Enge und Einsamkeit zu durchdringen. Gerade deswegen vermag sie es, unaufgeregt, aber mit einem hohen Maß an Sensibilität und visueller Kraft, nachhaltig von ihrer Generation zu erzählen. Die Malerei findet bei ihr zu Expression im besten Sinne zurück, denn sie nimmt sich die Freiheit, die es braucht, um über das Dasein zu künden.

von Prof.Dr.Beate Reifenscheid(president of German council of Museums)

作者:贝雅特·爱芬夏特

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